Prost Mahlzeit, Kita-Essen!

Freitagnachmittag. Die Kita gGmbh schickt eine Pressemitteilung. Gute Nachrichten: Die Essenversorgung für tausende Kinder soll einfacher werden. Von Vollverpflegung und pauschalen Abrechnungen ist die Rede. Wir verstehen Bahnhof. Haken nach. Und stellen fest: Die Nachricht klingt gut, weil das Wichtigste darin nicht erklärt wird.
18.10.2014
Sylvia Kuska

Mia ist fünf, geht in einen Schweriner Kindergarten. Hat einen Ganztagsplatz. Sie frühstückt zu Hause, bekommt in der Kita Mittag und Vesper. Ihre Eltern zahlen nur für diese beiden Mahlzeiten. Für die Obstpause geben sie ihr täglich etwas mit. So ist das Usus dort. Wenn Mia krank oder im Urlaub ist, melden ihre Eltern sie vom Essen ab. In dieser Zeit fallen dafür auch keine Kosten an. All das wird sich ab Januar in Schwerin ändern. Nicht nur in der Kita von Mia.

Dann müsssen alle Krippen und Kindergärten eine Vollverpflegung anbieten. Vorgeschrieben wird sie im Kindertagesstättenförderungsgesetz des Landes. Manche Kitas setzen das 2013 beschlossene Konzept schon freiwillig um. Ab Januar ist es Pflicht. Grund: Kein Kind soll von der Essenversorgung ausgeschlossen werden, weil Eltern ihnen nichts mitgeben oder bestellen.

Das bedeutet:

Erstens: Die Kitas versorgen die Kinder mit Frühstück, Mittag, Vesper und gegebenenfalls Abendbrot sowie mit Obst und Getränken. Für kleine Einrichtungen ohne eigene Küche wird das eine große logistische Herausforderung.

Zweitens: Einzelne Mahlzeiten am Tag abzuwählen, ist nicht mehr möglich, wenn das Kind zu ihnen anwesend ist. 

Drittens: Das Essengeld wird künftig nicht an den Essenanbieter gezahlt. Neuer Vertragspartner wird die Kita.

In der Folge mussten sich die Betreiber Gedanken machen, wie sie die Abrechnung organisieren. In besagter Pressemitteilung verkündet die Kita gGmbH zusammen mit der Awo und dem Diakoniewerk Neues Ufer gGmbH das Ergebnis: Künftig wird in ihren Einrichtungen pauschal abgerechnet. So wie andere Landkreise das auch machen.

Das bedeutet:

Erstens: Den Eltern werden jeden Monat 17 Tage Vollverpflegung in Rechnung gestellt. Das sind weniger als die Kita tatsächlich geöffnet hat - das sind im Schnitt 21. Die übrigen Tage werden pauschal für Urlaub und Krankheit herausgerechnet. Die 17 müssen in jedem Fall bezahlt werden, auch wenn das Kind weniger Tage in der Kita war.

Zweitens: Wer einen Ganztagsplatz hat, muss alle Mahlzeiten, die die Einrichtung anbietet, bezahlen, erklärt uns Anke Preuß, Geschäftsführerin der Kita gGmbH. Auch wenn das Kind – wie in Mias Fall – die Leistung gar nicht in Anspruch nimmt. Bei Teilzeitplätzen sind Frühstück und Mittag bindend. 

Drittens: Alle erhalten die gleiche Anzahl an „Freitagen“. Wer sie nicht in Anspruch nimmt, ist im Vorteil. Wer krankheitsanfällige Kinder hat, zahlt drauf.

Müssen Eltern nun fürs Essen noch tiefer in die Tasche greifen? Mit pauschalen Antworten darauf hält sich die Geschäftsführerin der Kita gGmbH zurück. Wie sich das auswirkt, lasse sich im Moment nicht sagen. Die Einzelheiten müssten noch mit den Essenanbietern verhandelt werden. Fakt ist jedoch, auch deren Mitarbeiter erhalten nun Mindestlohn. Und: In Kürze werden die Entgelte neu verhandelt. Dabei wird auch eine Rolle spielen, dass sich die Erzieher mehr Gehalt erstreikt haben; die Preise für Strom und Gas gestiegen sind. Günstiger wird es für Eltern zusammengenommen also eher nicht werden. Das räumt auch Anke Preuß für die Einrichtungen der Kita gGmbH ein.

Und was geschieht mit dem Geld, das Eltern zahlen, ohne – wie bei Mia – eine Leistung in Anspruch zu nehmen? Oder mit Essen, das übrig bleibt, weil weniger Kinder mitessen als gedacht? Ab in die Tonne damit? Sie ahnen es sicher schon: Auch darauf gibt es (noch) keine Antworten.