Badenschiers Schonfrist ist vorbei

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    Oberbürgermeister Rico Badenschier
Eingeknickt sei er vor „Graf Zahl“. Von vorauseilendem Gehorsam ist die Rede, fehlender Autorität. Nach sechs Wochen im Amt peitscht Oberbürgermeister Badenschier aus der Schweriner Politik ein rauer Wind entgegen. Einstecken muss er die Kritik für seine Äußerungen zur Buga.
13.12.2016
Sylvia Kuska

Huch, was ist denn das: Die ASK stellt einen Antrag – und alle stimmen dafür? Es ist ein seltenes Bild, das die Stadtvertreter am Montagabend den Zuschauern bieten. ASK-Anträge abzulehnen, ist normalerweise üblich in der Schweriner Stadtvertretung.

Ralph Martini von der ASK ist besorgt, dass die Stadt Geld für die Buga ausgibt, bevor die Bürger darüber entschieden haben, ob sie überhaupt eine zweite Bundesgartenschau wollen. Nach dem positiven Votum der Deutschen Bundesgartenschau-Gesellschaft vom vergangenen Mittwoch und der Euphorie, die die Erinnerung an die Buga 2009 und ihr Millionenplus auslöst, schwant ihm Böses. Deshalb will er einen Stadtvertreterbeschluss, der das verhindert. Bis zur nächsten Sitzung Ende Januar will er damit nicht warten. Die Tagesordnung für Montag ist aber schon fertig und vom Ältestenrat beschlossen. Deshalb schreibt der Einzelvertreter einen Dringlichkeitsantrag. Und deshalb müssen die Stadtvertreter jetzt, zu Beginn der Sitzung, abstimmen, ob sie dafür sind, den Antrag noch drauf zu setzen. Sind sie! Einstimmig! Der Zweck heiligt die Mittel, wie sich später herausstellen wird.

Ein Grußwort hier. Ein Grußwort da. Sich einlesen, die Verwaltung kennenlernen. Sich beim Schweriner Fußball zeigen. Handball. Volleyball. Die ersten 40 Tage als Oberbürgermeister verliefen für Rico Badenschier nach Plan. Die ersten 100 Tage in solch einem Amt sind eine Schonfrist. Keiner meckert, keiner kritisiert, der Neue arbeitet sich erst mal ein. Das ist ein ungeschriebenes Gesetz. Es wäre wohl alles auch weiter schön ruhig geblieben, hätte der OB nach dem positiven Votum der Bundesgartenschau-Gesellschaft nicht den Eindruck erweckt, heute ein bisschen hü zur Buga zu sagen, und morgen ein bisschen hott.

Blinde Euphorie? Nein, die hat Badenschier bei den Buga-Plänen nie vermittelt. Nicht als Stadtvertreter für die SPD. Und nicht in seinen wenigen Tagen als Oberbürgermeister. Auch nicht, als die Bundesgartenschau-Gesellschaft vor einer Woche „ja“ zu Schwerin sagte. Das sei zwar ein „tolles Signal“, am Ende aber auch eine Frage des Geldes. Auch des Geldes vom Land. Die Reaktion von Finanzminister Mathias Brodkorb und Innenminister Lorenz Caffier ließ nicht lange auf sich warten: Sie sehen die Pläne kritisch, verweisen auf die hohen Schulden der Stadt. Hoffnung auf üppige Fördergelder machen sie nicht. Daraufhin sprach Badenschier gegenüber dem NDR den Gedanken aus, dass sich unter diesen Voraussetzungen möglicherweise auch die Stadtvertretung in Sachen Buga noch einmal neu positionieren müsse.

Solche Alleingänge gehören sich nicht, finden Christdemokraten, Linke und Unabhängige Bürger. Das dem Neuen deutlich zu sagen, dafür bietet der ASK-Antrag eine Steilvorlage.

Henning Foerster, Fraktionschef der Linken, findet es „merkwürdig“, wenn der OB „beim ersten lauen Gegenwind“ aus „der Burg von Graf Zahl“ das Gesamtvorhaben in Frage stelle. Die CDU zeigt sich unter Applaus „entsetzt“, dass der OB so schnell „klein bei gibt“. „Im vorauseilenden Gehorsam die Flinte ins Korn zu werfen, ist einer Landeshauptstadt nicht würdig“, sagt deren Fraktionsvorsitzender Sebastian Ehlers. „Ich hätte durch die Decke gehen können“, empört sich Rolf Steinmüller von den Unabhängigen Bürgern über Badenschiers Äußerungen. „Warum haben Sie nicht die Fraktionschefs zusammengeholt?“, kreidet Manfred Strauß, ebenfalls von den Unabhängigen Bürgern, dem OB an. 100 Tage Schonfrist hin oder her – „hier geht es schließlich nicht um irgendeinen Firlefanz“. Wer von vornherein nur die Risiken sehe, könne es gleich lassen.

„Es ist richtig, nachzudenken, anstelle die Augen zu verschließen“, springt Cornelia Nagel von den Grünen Badenschier zur Seite. „Wie mit dem OB umgegangen wird, gefällt mir nicht“, wendet AfD-Frau Petra Federau ein. Wenn sich Dinge anders entwickeln sei es besser, nachzudenken und neue Aspekte abzuwägen, „als im Blindflug zu sagen: Wir schaffen das“.

SPD-Fraktionvorsitzender Christian Masch versteht die Aufregung nicht. „Wir haben einen klaren Fahrplan.“ An dem ändere sich auch nichts, wenn sich zwei Minister äußern.

Und der OB? Von dem wollen die Linken schon gleich zu Beginn der Sitzung Butter bei die Fische: Kämpft er für die Buga oder nicht? „Ich stehe hinter der Buga. Voraussetzung aber ist die Unterstützung des Landes.“ Ändere sich dort die Meinung nicht, werde eine Umsetzung schwierig. „Aber wir werden darum kämpfen."

War da nicht noch was? Ach ja, der Dringlichkeitsantrag der ASK. Der ist am Ende durchgefallen. Abgesehen von Ralph Martinis Zustimmung und zwei Enthaltungen auch wieder einstimmig.

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