Das Leben ist eine Buschstraße

  • Sylvia Kuska
    Holger Fuchs in seinem "La Bouche"
Er war Seefahrer, Barkeeper, Kaffeeröster und Beamter. Er ist Schweriner und Gastronom. Er bringt ein Stück Frankreich in seine Heimatstadt. Holger Fuchs ist der Chef vom „La Bouche“.
13.01.2016
Roland Regge-Schulz

Die Schweriner Buschstraße ist eine gute Adresse für alle, die etwas Besonderes essen wollen und denen gutes Essen auch etwas wert ist. Im „La Bouche“ stehen Austern auf der Speisekarte und Schnecken, Muscheln und Tatar.
Hinten im Lokal sitzt der Chef am Tisch und isst noch schnell etwas. Kein raffiniertes Gericht. Etwas Einfaches, Schnelles. Keine Zeit für große Kunst. In einer guten Stunde würden die ersten Gäste zum Abendessen kommen. Der Chef heißt Holger Fuchs, ist 51 Jahre alt und Schweriner. 
Hier aufgewachsen, zog es ihn schon früh hinaus in die Welt. Der Staat war klein, die Mauer hoch. Er fand seinen Ausgang, fuhr mit der Handelsflotte in ferne Länder. Geblieben sind aus dieser schönsten Zeit, wie Fuchs sie heute nennt, Tattoos auf den Armen und Freunde fürs Leben.
Bis ihm eines Tages die DDR das Seefahrtsbuch wegnahm. Der kleine Staat hatte plötzlich Angst, er würde von einer Reise nicht wieder zurückkehren.
Holger Fuchs landete das erste Mal in der Schweriner Buschstraße. Hinterm Tresen in der Nummer 7, Buschbar oder B7, wie Schweriner ihre Bar nannten. Legenden umwoben bis heute. Wer in den 1980er-Jahren in Schwerin um die Häuser zog, kam an der Buschbar nicht vorbei. Hier wurde geklüngelt und geknutscht, hier traf man Freunde und verlor die Freundin. Und so manches Mal die Übersicht. Hier trank man am Nachmittag in Ruhe einen Kaffee und probierte am Abend den ersten Whisky des Lebens. Falkner. Nun ja...
Die Wende schloss der Buschbar die Tür. Auf einmal war wieder alles möglich. Holger Fuchs wurde erst Beamter, dann Kaffeeröster und Cafébetreiber in Schwerin. Dann Barchef im „Freudenhaus“ auf der Hamburger Reeperbahn. Das war dem Ort angemessen ein bisschen plüschig ausgestattet, aber viel seriöser als der Name es vermuten lässt, sagt Fuchs.
Die Neugier und die Lust auf etwas Neues blieb. Fuchs liebt die französische Küche. Ein eigenes Restaurant sollte es irgendwann werden. Er testete, probierte und suchte einen Platz in Hamburg und fand eine neue Liebe in Schwerin und landete wieder in der Buschstraße. Dieses Mal ein Haus weiter. In der Nummer 9, in der „Buscherie“, waren sie das erste Mal gemeinsam essen. Juliane, die Journalistin, und Holger, der weltenbummelnde Gastronom. Sie heirateten, bekamen ein Kind und als die „Buscherie“ geschlossen wurde, war das, was sie in Hamburg gesucht hatten, in Schwerin gefunden. Fast alle Mitarbeiter der Buscherie wurden übernommen, als in der Buschstraße Nummer 9 das „La Bouche“ entstand. Bistro und Bar steht auf dem Schild.
„La Bouche“, französisch „der Mund“, ein guter Name für ein Restaurant und vom Klang eine Hommage an die Buschstraße. Die Zutaten für die Gerichte auf der Speisekarte sind in guter Qualität in Schwerin schwer oder gar nicht zu bekommen. Meeresfrüchte, Fleisch und Weine kommen von Hamburger Feinkosthändlern, werden geliefert und in der Küche frisch zubereitet.
Seit September wird im „La Bouche“ bewirtet. Die Eröffnungsfeier gibt es aber erst an diesem Freitag. Dann sind alte Freunde eingeladen und Helfer. Und dann wird angestoßen, auf das „La Bouche“ in der Buschstraße.
Holger Fuchs lehnt sich entspannt zurück. Genießt die kurze Ruhe vor dem Sturm. Lacht, erzählt von dem, was noch kommen wird. Erzählt vom neuen Geschäftspartner, den er als Freund seit 35 Jahren an seiner Seite hat, und der auch jetzt hier neben ihm sitzt. Malte Ganschow heißt der. Sie kennen sich noch aus Seefahrtszeiten, natürlich, haben sich nie aus den Augen verloren und schon in Hamburg in der Gastronomie zusammengearbeitet. 

Pläne für die nahe Zukunft gibt es schon. Für alle, die es nicht lassen können oder wollen, soll die Raucherlounge im Obergeschoss umgebaut und renoviert werden. Nebenan soll ein kleiner Laden entstehen, mit Spezialitäten, für alle, die etwas „La Bouche“ daheim genießen wollen. 
Am Besten dann mit dem Tablet oder Laptop in der Hand, beim Lesen des Blogs von Madame Renard. Renard ist französisch, heißt auf deutsch Fuchs und mit Vornamen Juliane. Sie ist inzwischen freiberufliche Journalistin, erzählt auf ihrer Seite Gastro-Geschichten und verrät Rezepte. „La Bouche“ für zu Hause.

Hier gehts zum Bistro,
und hier zum Blog von Madama Renard.