Drei Ilkas für Schwerin
Die 2. Enge Straße ist die dritte enge Straße, wenn man aus der Mecklenburgstr. kommt. Oder die erste enge Straße in der umgekehrten Richtung. Etwas verwirrend die Namen der kleinen Gassen, die sich durch die Altstadt drängeln.
Ulrike Jähme lacht. Sie sitzt gegenüber ihres Ladens auf den Stufen eines Hauseinganges in der 2. Engen Straße, die eigentlich die dritte ist und erzählt von den vier Monaten, in denen aus einer Schnapsidee ein Geschäft wurde.
Es ging das Gerücht, dass die Eisdiele in Mueß schließen würde und die Befürchtung, ein Eisloch könnte entstehen. Und es kam der Gedanke, was in Mueß schmeckt, schmeckt doch auch in der Stadt. Man könnte doch, so über den Sommer, Eis geht ja immer...
Und so ist das eben mit einer Schnapsidee. Wenn sie erst einmal heiß geredet wurde, braucht man dringend Eis zur Kühlung. Genauer Softeis. Und wenn man keines bekommt, das einem schmeckt, kann man herumjammern oder es selber machen.
Die Idee wird zu einem Plan. Da war doch was, damals. Die Softeismaschinen, die in der DDR schon Eis in Waffeln rumorten. Die gibt es doch immer noch, diese Dinger. Laut sind die. Aber unverwüstlich. Mit kräftigem „aka“-Rührwerk versehen, dem man auch ganze Früchte anbieten kann. 30.000 dieser Maschinen wurden von 1962 bis 1992 im VEB Kältetechnik in Thüringen gebaut und im Ostblock verteilt. „Ilka“ wurden die Maschinen einst genannt. Eine Abkürzung für „Integriertes System Luft- und Kältetechnischer Anlagen“. Und es gibt sie immer noch, diese Maschinen. Gebraucht aber gut.
Drei dieser „Ilkas“ stehen jetzt in der 2. Engen Straße. Eine neue, zeitgemäße, umweltfreundliche Kältetechnik haben sie bekommen. Und ihren Namen haben sie dafür dem Laden spendiert: „Ilka-Eis“.
Was in die Maschinen kommt, hat allerdings nichts mehr mit dem Softeis von früher gemein. Kein Fertig-Eispulver der Marke „Komet“ wird hineingeschüttet, Wasser oder Milch dazu und fertig. Die Zutaten bei „Ilka-Eis“ sind frisch. Die Kreationen kommen aus dem eigenen „Labor“.
Eismachen ist eine Wissenschaft für sich. Ulrike Jähme grinst, als sie von den unzähligen Versuchen erzählt. Von den Freunden, die immer wieder zum Probieren geladen wurden, bis sie kein Eis mehr sehen konnten oder wollten, weil das, was die Maschine ausgespuckt hatte, nicht das war, was sie ausspucken sollte.
Jetzt machen die Maschinen, was sie sollen und die Eismacher sind stolz darauf. Zu Recht, denn Eismachen haben sie selbst erst beim Eismachen gelernt. Ulrike Jähme ist ausgebildete Physiotherapeutin und Martin Klemkow Geschäftsführer einer Internetagentur.
Den Sommer über haben sie jetzt aber noch einen anderen, einen coolen Job. Was mit Mango/Vanille und Brombeere/ Weiße Schokolade und Johannisbeere/Mascarpone oder Himbeere/Buttermilch.
Den Kunden schmeckt es. Jedenfalls hat bisher erst einer Gegenteiliges gemeldet. Dafür hat Ilka schon die ersten Stammkunden, die tagtäglich auf ein Eis vorbeischauen.
Bis der Herbst kommt. Dann wird es wieder ruhiger werden in der Engen Straße, dann wird der kleine Laden seine Tür für die Winterpause schließen. Eis gibt es dann draußen genug und Ulrike Jähme will ihr Medizinstudium beginnen.
Und falls doch die Sehnsucht nach den Eismaschinen zu groß wird, falls den Ohren das Rödeln des gewaltigen Rührwerks untermalt vom Sausen des Kühlkompressors fehlt? „The sound of Ilka“ gibt es als Klingelton fürs Handy.