Hebammen erhalten mehr Geld, ihre Sorgen bleiben

Die Hebammen wollten mehr Geld. Nun erhalten sie mehr Geld. Das liest sich gut. Gelöst sind ihre Existenzprobleme damit aber auch in Schwerin nicht.
07.08.2014
Sylvia Kuska

Das monatelange Tauziehen um höhere Zuschläge für die freiberuflichen Hebammen ist beendet. Die Krankenkassen haben ihr Angebot verbessert. Der Deutsche Hebammenverband hat es nun angenommen. So weit, so gut? Mitnichten!

Mehr Geld? Für Christine Kuschnia ist das ein Witz, über den die freiberufliche Hebamme aus Schwerin überhaupt nicht lachen kann. „Das ist pillepalle.“ Für Hebammen, die wie sie auch Geburtshilfe leisten, ist die Prämie für die Haftpflichtversicherung im Juli um 20 Prozent gestiegen – auf mehr als 5000 Euro im Jahr. 2015 werde sie schon wieder erhöht. „Dann sind es 6100 Euro.“ Deshalb das Tauziehen um höhere Kassenzuschläge. Sie sollen die gestiegenen Kosten auffangen.

Das gelinge weiterhin nicht in allen Fällen, räumt der Deutsche Hebammenverband ein. Eine Hebamme, die eine Schwangere während der Geburt in der Klinik betreut, nur für sie da ist, egal, wie lange die Geburt dauert, benötigt im Jahr 16 Geburten, allein um die gestiegene Prämie auszugleichen. Vor vier Jahren hätten dafür 10 Geburten gereicht. Anders formuliert: Die Masse machts; muss es machen.

Für Christine Kuschnia geht es längst nicht mehr um die Höhe der Zuschläge. „Was nützen mir ein paar Euro mehr, wenn es bald niemanden mehr gibt, der mich als Hebamme versichert?“ Die Schwerinerin ist in einem kleinen Berufsverband für Hebammen organisiert, dem Bund freiberuflicher Hebammen Deutschlands. Anders als beim Deutschen Hebammenverband läuft der Versicherungsschutz für dessen Mitglieder nicht erst Mitte 2016 aus, sondern bereits ein Jahr früher. Wie es danach weitergeht? Wenn sich bis dahin kein Versicherer findet, käme das einem Berufsverbot gleich. Denn: Die Haftpflichtversicherung ist für Hebammen Pflicht. Sie deckt Schäden ab, die entstehen können, wenn eine Hebamme bei ihrer Arbeit Fehler macht. Weil Schadensfälle langwierige und kostspielige Behandlungen nach sich ziehen können – die Versicherung dann also viel Geld bezahlen muss – ist kaum noch ein Versicherungsunternehmen bereit, Hebammen aufzunehmen. Und wenn, dann nur zu horrenden Prämien.

Die Vergütung der freiberuflichen Hebammen wird zwischen den verschiedenen Berufsverbänden der Hebammen und dem GKV-Spitzenverband, sprich den gesetzlichen Krankenkassen, verhandelt. Der Gesetzgeber hat diese erst kürzlich verpflichtet, einen höheren Ausgleich zu zahlen. Deshalb die Nachbesserungen von zwei Millionen auf 2,6 Millionen Euro. Der Bund freiberuflicher Hebammen Deutschlands (BfHD) hat das Angebot bereits in der vergangenen Woche angenommen. Es gilt rückwirkend zum Juli 2014 für ein Jahr und nicht für alle Geburtshelfer gleichermaßen: Für Beleghebammen, die im Schichtdienst für Krankenhäuser arbeiten und gegebenenfalls mehrere Gebärende gleichzeitig betreuen, fällt der Ausgleich zum Beispiel geringer aus. Sie müssen, so die Rechnung des Hebammenverbandes, aktuell 18 Geburten betreuen, um die Kosten für die höhere Prämie zu decken. 

Weitere Artikel zum Thema finden Sie hier.