Vor der Staatskanzlei ging die Post ab
Wie wirkt sich der Streik in Schwerin aus?
Das Briefzentrum am Ortsausgang in Richtung Hagenow wird seit anderthalb Wochen bestreikt. Normalerweise werden hier all jene Briefe weitergeleitet, die aus dem Einzugsbereich um Schwerin, Parchim, Ludwigslust, Boizenburg, Wittenberge und Plau am See kommen oder von außerhalb in dieser Region ankommen sollen. Insgesamt knapp eine Million Briefe pro Tag. Darüber hinaus haben rund 100 Brief- und Paketzusteller in Schwerin und Umgebung ihre Arbeit niedergelegt, sagt Thomas Eberling. Damit sei nahezu der gesamte Postverkehr in der Stadt lahmgelegt, so der Gewerkschaftssekretär von verdi.
Der größte Streitpunkt sind die 49 regionalen Gesellschaften im Paketgeschäft der Post. Die wurden Anfang des Jahres gegründet. Die mehr als 6000 Mitarbeiter darin werden nicht mehr nach dem Haustarif der Deutschen Post AG, sondern nach den niedrigeren Tarifen der Logistikbranche bezahlt. Die Gewerkschaft fordert, dass auch für sie der Haustarif gilt. Zwei weitere Forderung sind 2,7 Prozent mehr Lohn für 2016 und eine Einmalzahlung für die rund 130.000 Postmitarbeiter.
Die Post bot vor einer Woche unterm Strich eine Arbeitszeitverkürzung von durchschnittlich einer Stunde pro Woche bei vollem Lohnausgleich ein. Das Unternehmen hält es außerdem für überzogen, mehr als 100.000 Beschäftigte zum Streik aufzufordern, um gegen die Regionalgeschäftsstellen mit ihren 6000 Mitarbeitern vorzugehen. „Das im Vergleich zum Wettbewerb doppelt so hohe Lohnniveau verhindert auf mittlere Sicht, dass die Deutsche Post dauerhaft im Wettbewerb mithalten kann“, so die Argumentation der Arbeitgeberseite, die ein Gewinnplus von acht Prozent anstrebt und ankündigte, im Paketbereich weitere Jobs schaffen zu wollen.
Wer haftet, wenn der Brief zu spät ankommt und dadurch wichtige Fristen nicht eingehalten werden?
Der Absender! Treffen Kündigungen – etwa für Wohnung, Telefon oder Job - zu spät beim Empfänger ein, verlängern sich die Vertragslaufzeiten. Finanzielle Schäden daraus trägt der Verbraucher selbst. Die Post leistet keinen Schadenersatz. Das gilt auch für Pakete mit verderblicher Ware. Expressbriefe sollen dagegen pünktlich ihr Ziel erreichen. Sie nutzen ein anderes Transportnetz, das nicht bestreikt werde – kosten aber auch deutlich mehr Porto.
Wer Waren im Versandhaus bestellt und sie zurückschicken möchte, hat dafür in der Regel 14 Tage Zeit. Um diese Frist einzuhalten genügt es, das Paket rechtzeitig abzuschicken. Wann es streikbedingt beim Händler ankommt, spielt dann keine Rolle. Zur Sicherheit sollten Kunden den Einlieferungsbeleg aufbewahren, rät die Verbraucherzentrale Mecklenburg-Vorpommern.
Was gilt für Einspruchsfristen beim Steuerbescheid?
Wer Einspruch gegen seinen Steuerbescheid einlegen möchte, hat dafür einen Monat Zeit. Grundsätzlich gelten Steuerbescheide drei Tage nach ihrer Aufgabe per Post als zugestellt. Die Frist beginnt also am vierten Tag nach dem Datum auf dem Bescheid. Kommt der Brief wegen des Streiks verspätet an, beginnen die Fristen mit dem Zeitpunkt, zu dem er im Briefkasten liegt. Verbraucherschützer raten, das Eingangsdatum auf dem Bescheid zu vermerken und im Einspruch auf den Streik zu verweisen.
Anders sieht es aus, wenn Bürger einen Brief an das Finanzamt schicken – zum Beispiel einen Einspruch. Wer durch den Streik Fristen versäumt, hat das selbst verschuldet, weil der Streik bekannt war und man auf andere Übermittlungswege hätte zurückgreifen können.
Versucht die Post, die Auswirkungen zu minimieren?
Generell ja, indem sie Vertriebsmitarbeiter, Beamte und Aushilfen einsetzt. Mit ihrer Hilfe würden aktuell 76 Prozent der Briefe sowie rund 62 Prozent der Pakete pünktlich zugestellt, sagt Postsprecherin Maike Wintjen. Nach Verdi-Angaben konzentrieren sich solche Maßnahmen aber nur auf Ballungszentren wie Hamburg. Da spiele Schwerin keine Rolle. Hier werde derzeit so gut wie nichts verteilt, sagt Thomas Eberling. Die Postsprecherin möchte auf unsere Nachfrage hin ausdrücklich keine Zahlen für Schwerin nennen.
Wie geht es weiter?
„Bei den Verhandlungen herrscht Stillstand. Deshalb werden wir weiter streiken“, sagt Lars-Uwe Rieck. Der verdi-Landesfachbereichsleiter kündigte einen langen Atem an. Sorgen, dass die Streikkasse dafür nicht üppig genug gefüllt sei, müsse sich der Arbeitgeber nicht machen, sagte er gegenüber unserem Magazin.
Der Poststreik ist auch Thema in unserer Kolumne "Die Post ist nicht da".